Hildesheim erlässt Allgemeinverfügung zur Einschränkung der Bewässerung – Radio Tonkuhle Hildesheim
Titel wird gelesen...
zu Instagram

Wie angekündigt hat die Stadt Hildesheim nun eine Allgemeinverfügung erlassen, die in den Sommermonaten die Verwendung von Grundwasser und Wasser aus Oberflächengewässern zur Bewässerung bzw. Beregnung einschränkt. Eine solche Beregnung oder Bewässerung ist damit ab sofort zwischen dem 1. Mai und dem 30. September jeweils zwischen 10 und 18 Uhr verboten. Den genauen Wortlaut der Verfügung finden Sie unten angehängt.

Mit dieser Maßnahme reagiere man auf die in den vergangenen Jahren immer wieder auftretenden Dürrephasen, so die Stadt. In diesen sänken die Wasserspiegel der Oberflächengewässer und des Grundwassers im Stadtgebiet mitunter auf ein kritisches Maß. Ziel der Allgemeinverfügung sei, einen nachhaltigen Umgang mit den verfügbaren Wasserressourcen zu gewährleisten, und das werde erreicht, indem die Bewässerung tagsüber untersagt wird, wenn das eingesetzte Wasser schnell wieder verdunstet.

250626.fx


Die Allgemeinverfügung im Wortlaut:

"Allgemeinverfügung der Stadt Hildesheim zur zeitlichen Beschränkung der Beregnung und Bewässerung auf dem Gebiet der Stadt Hildesheim

Auf der Grundlage des § 100 Abs. 1 Satz 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 31. Juli 2009, (BGBl. I S. 2585) FNA 753-13 zuletzt geändert durch Art. 7 G zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich und zur Umsetzung der RL (EU) 2021/1187 über die Straffung von Maßnahmen zur rascheren Verwirklichung des transeuropäischen Verkehrsnetzes vom 22.12.2023 (BGBl. 2023 I Nr. 409) in Verbindung mit §§ 5, 13 Abs. 1 und 33 WHG erlässt die Stadt Hildesheim folgende Allgemeinverfügung:

1. Die Beregnung und Bewässerung von forst- und landwirtschaftlichen Flächen, sowie öffentlichen und privaten Grünflächen wie Parkanlagen und Gärten sowie von Sportanlagen wie Fußball- und Golfplätzen wird jedes Jahr im Zeitraum zwischen dem 1. Mai und dem 30. September täglich in der Zeit von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr untersagt.

2. Die Untersagung gilt für Wasserentnahmen aus Brunnen und aus Oberflächengewässern und auch für Wasserentnahmen, für die eine gültige wasserrechtliche Erlaubnis vorliegt.

3. Die Untersagung gilt für Wasserentnahmen mittels elektrisch oder mechanisch betriebener Pumpen sowie für das Schöpfen von Wasser mit Handgefäßen.

4. Die Allgemeinverfügung tritt am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. Sie kann jederzeit widerrufen werden.

5. Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 – 3 der Allgemeinverfügung wird angeordnet.


Ausnahmen

- Ausgenommen ist die Nutzung von wassersparenden und verdunstungsminimierenden Anlagen der Tröpfchenbewässerung.
- Für wissenschaftliche Zwecke können Ausnahmen auf Antrag zugelassen werden.


Begründung

Gemäß § 5 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 22. Dezember 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 409), ist jede Person verpflichtet, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwendung des Wassers sicherzustellen.

Die Untere Wasserbehörde trifft gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG nach pflichtgemäßem Ermessen Regelungen, die im Einzelfall notwendig sind, um Gewässerbeeinträchtigungen zu verhindern und somit die sparsame Verwendung des Wassers sicherzustellen. Von dieser Möglichkeit macht die Untere Wasserbehörde der Stadt Hildesheim hiermit Gebrauch.

Die Untere Wasserbehörde der Stadt Hildesheim ist für den Erlass dieser Allgemeinverfügung gemäß §§ 128 und 129 des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG) vom 19. Februar 2010 (Nds. GVBl. S. 64) VORIS 28200 zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndG vom 25.9.2024 (Nds. GVBl. Nr. 82) zuständig.

Da im vorliegenden Fall die Adressaten der vorgenannten beabsichtigten Regelung nicht individuell, sondern nur nach allgemeinen Merkmalen bestimmbar sind und darüber hinaus zahlenmäßig nicht feststehen, wird von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Allgemeinverfügung gemäß § 35 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102) FNA 201-6 zuletzt geändert durch Art. 2 PostrechtsmodernisierungsG vom 15.7.2024 (BGBl. 2024 I Nr. 236) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG). Vom 3. Dezember 1976 (Nds. GVBl. S. 311) GVBl. Sb 20210 02 zuletzt geändert durch Art. 2 G zur Änd. des VerwaltungsvollstreckungsG und weiterer Gesetze vom 22.9.2022 (Nds. GVBl. S. 589) zu erlassen.

Mit dieser Allgemeinverfügung werden auch die nach § 8 WHG erteilten Erlaubnisse beschränkt, ebenso der nach § 26 WHG zulässige Eigentümer- und Anliegergebrauch und die nach § 46 WHG zugelassenen erlaubnisfreien Benutzungen des Grundwassers.


Zu 1. bis 3.

Im späten Frühjahr und in den Sommermonaten verdunstet besonders am Tag ein Großteil des verregneten Wassers. Dabei sind die Verdunstungsanteile über den Tag verteilt nicht konstant, der Anteil in der Zeit von 10:00 – 18:00 Uhr ist sehr viel höher. Die steigenden Temperaturen und die damit höhere Verdunstung führen bereits ohne Entnahmen zu einer verminderten Wasserführung der Gewässer.

Das Entnehmen oder Ableiten von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer ist gemäß § 33 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) nur zulässig, wenn die Abflussmenge erhalten bleibt, die für das Gewässer und andere hiermit verbundene Gewässer erforderlich ist, um den Zielen der Gewässerbewirtschaftung (§ 6 Abs. 1 und §§ 27 ff. WHG) zu entsprechen. Diese Mindestwasserführung ist in den zurückliegenden Jahren häufig nicht mehr gewährleistet gewesen. Gemäß § 100 Abs. 1 S. 2 WHG in Verbindung mit § 128 NWG ist die Untere Wasserbehörde nach pflichtgemäßen Ermessen berechtigt, eine Regelung zur Verhinderung von Gewässerbeeinträchtigungen zu treffen.

Um eine nachteilige Veränderung des mengenmäßigen Zustands der Grundwasserkörper in der Stadt Hildesheim präventiv zu verhindern, ist auch eine möglichst sparsame Verwendung des Grundwassers geboten. Das zeitliche Verbot der Grundwasserentnahmen soll den Bestand des Grundwasserkörpers sicherstellen, indem eine Bewässerung / Beregnung verhindert wird, bei der ein Großteil des zur Beregnung eingesetzten Wassers im fraglichen Zeitraum direkt wieder verdunstet.

Die Allgemeinverfügung ist erforderlich, um vorsorglich die Lebensgrundlage Wasser, die Natur und das Wohl der Allgemeinheit und damit die öffentliche Sicherheit zu schützen und zu erhalten. Sie ist ein geeignetes Mittel zur Absicherung der wassermengenwirtschaftlichen Anforderungen und zur Sicherstellung eines sparsamen Wasserverbrauchs, indem eine Bewässerung / Beregnung verhindert wird, bei der ein Großteil des zur Beregnung eingesetzten Wassers im fraglichen Zeitraum direkt wieder verdunstet. Darüber hinaus stellt sie auch das mildeste Mittel dar, das Wasser als Lebensgrundlage des Menschen und als nutzbares Gut zu erhalten, da erlaubte Entnahmemengen nicht verringert werden, sondern die Nutzung nur zeitlich eingeschränkt wird und verdunstungsminimierende Techniken der Tröpfchenbewässerung von den Beschränkungen
ausgenommen sind. Das öffentliche Interesse am Erhalt der Funktion des Wassers als Lebensgrundlage und als nutzbares Gut überwiegt Interessen Einzelner an der Möglichkeit der Nutzung des Oberflächen- bzw. Grundwassers in der Zeit von 10:00 – 18:00 Uhr.

Die nachträgliche Beschränkung der Wasserentnahmen ist gemäß § 13 Abs. 2 WHG zulässig, weil damit schädliche Gewässerveränderungen (übermäßiger Wasserverbrauch wegen starker Verdunstung) vermieden werden.


Zu 4.

Diese Allgemeinverfügung ergeht unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs (§ 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG) und gilt erstmalig ab dem Tag ihrer Bekanntmachung.


Zu 5. (Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung)

Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686) FNA 340-1, zuletzt geändert durch Art. 5 G zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof vom 24.10.2024 (BGBl. 2024 I Nr. 328) wird die sofortige Vollziehung der Maßnahme angeordnet.

Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung ist damit begründet, dass aufgrund der sehr geringen Niederschlagsmengen, der dadurch bedingten Niedrigwasserführung in den Gewässern und der extremen Trockenheit des Bodens dringendes Handeln der Unteren Wasserbehörde zum Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit von Tieren und Pflanzen geboten ist. Würde die Allgemeinverfügung ohne eine Vollziehungsanordnung erlassen, hätte ein Widerspruch einer/eines Betroffenen aufschiebende Wirkung (vgl. § 80 VwGO). Es könnte bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens weiter in der Zeit von 10:00 – 18:00 Uhr aus den Gewässern entnommen und dadurch die Ordnung des Wasserhaushalts weiter verschlechtert werden. Durch weitere Entnahmen wäre der zur Aufrechterhaltung der wasserbiologischen Vorgänge erforderliche Mindestabfluss bzw. der ausreichende mengenmäßige Zustand des Grundwassers nicht mehr gewährleistet.


Hinweise

Ein Verstoß gegen diese Allgemeinverfügung stellt gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WHG eine Ordnungswidrigkeit dar und kann gemäß § 103 Abs. 2 WHG im Einzelfall mit einem Bußgeld bis zu 50.000 € geahndet werden.


Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei der Stadt Hildesheim, Markt 1 – 3, 31134 Hildesheim, erhoben werden.
Auf Antrag kann das Verwaltungsgericht Hannover, Leonhardtstraße 15, 30175 Hannover, die aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 5 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen."

Aktuelle Regionalnachrichten


Wir benutzen Cookies
Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.