Gratuliere!

Ihr seid, wenn auch nur mikroskopisch betrachtet, Teil einer Gesellschaft, die in der alten, der jetzigen, der von Krisen geschüttelten, spätimperialistischen Gesellschaft, schwanger geht. Ihr verkörpert Basisdemokratie, die es sonst in der herrschenden Mediendiktatur nirgends sonst gibt. Ohne direkten Zugriff durch Werbegeld zahlender Industrie oder auf politischen Proporz bedachter bürgerlicher und staatstragender Parteien - diese erscheinen jedenfalls nicht, wie in den öffentlich-rechtlichen Anstalten in Eurem Leitungsgremium -, könnt Ihr, wenn Ihr denn als Transmissionsriemen zu den humanistisch aufgeklärten Menschen dieser Stadt in Aktion tretet, Gegenradio gestalten, was Euch öfter gut gelingt.

Die echte Subjektivierung von Machern und Hörern steht so auf Eurer Agenda und richtet sich gegen die herrschende Desubjektivierung der Medien-Diktatur, deren neue Götter Konsum, Sex und Geld die alten längst aus dem Olymp vertrieben haben und die eine Deformation der Psyche, die Zurichtung der Körper und den Zerfall des Bewusstseins zur Folge haben. Der Zurichtung der Bedürfnisse, der Desubjektivierung und Deformation entspricht die Pathologisierung der Massenpsyche, als Quellgrund von Kriminalität, Aggression, Gewalt, Rassismus, Sexismus und faschistoide Dispositionen jeder Spielart.

Die pathische Gesellschaft produziert Deformationen des Körpers, der Seele und des Bewusstseins, die in keinem individuellen Defekt, sondern in der Verfassung dieser Gesellschaft, deren kategorischer Imperativ die Profitsucht ist, selbst ihre Ursache haben. Natürlich könntet Ihr, die Ihr die Magazine gestaltet, noch kritischer die kommunale Physiognomie dieser pathischen Gesellschaft in Nachrichten, Reportagen, Features und Interviews unter die Luge nehmen, damit Ihr Euch noch fester in die Herzen jener einnisten könnt, die es entsetzlich finden, dass die Superstarstrategie eines Dieter Bohlen zum Maßstab erzieherischer Jugendbildung wird. Nicht der konkrete Humanismus, nicht die Dialektik, nicht die ästhetische und ganzheitliche Bildung, die stets nach Erkenntnis und nicht nach Bestnoten-Bachelor-Master-Karriere strebt, ist Maßstab an unseren Schulen und Hochschulen, die damit nur das ausbilden, was die pathische Gesellschaft verlangt: Profit-und Eitelgeile Entfremdlinge, desubjektivierte Einzelkämpfer!

Ihr dürft Euch diesem Maßstab, der an uns alle angelegt wird, und den wir nicht selten, auch wenn wir die pathische Gesellschaft kritisch betrachten, selbst an uns anlegen, nicht anpassen. Es muss jedoch stets auch Spaß machen, der Desubjektivierung kritisch zu widerstehen. Deshalb würde ich mir im Radio Tonkuhle einmal im Monat ein Hörspiel wünschen, dass enthüllend, spannend, heiter, kritisch und mitreißend ist. Ihr habt bereits eine Vielzahl von Menschen auf einen konkreten humanistischen Weg geschickt und begleitet. Weiter so! Ihr könnt es, da bin ich sicher, aber NOCH besser!

Liebe Grüße!
jü


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